Dienstag, 8. Mai 2012

Kapitel 1 (Sarah)


Mondschrei
von
Sarah und Karin


„Bella, Liebes. Ich weiß, dass du nicht schläfst“, kicherte Edward und stupste leicht mit seiner Nase an ihre. Bella hob ihren Kopf von seiner Brust und musste mit geschlossenen Augen lächeln: „Das ist das einzige, dass ich von früher vermisse. In deinen Armen einzuschlafen und genauso wieder aufzuwachen. Zu wissen, dass du da bist, auch während ich schlafe.“
Wieder kicherte er leise. „Ich weiß. Ich liebte es auch, dir beim Schlafen zuzusehen und auch zuzuhören. Dafür lässt du mich ja nun hin und wieder deine Gedanken lesen. Und sieh es mal von der positiven Seite. Wir brauchen endlich keine Decke mehr, die deinen Körper vor meiner Kälte schützt. Jetzt haben wir die gleiche Körpertemperatur.“
Zärtlich strich er ihr mit den Fingerspitzen über den Rücken. Und tatsächlich war es eine warme Berührung. Ihre Haut schien unter seinen Finger zu glühen und sofort spürte sie ein großes Verlangen nach ihrem Mann, der nun nach all dem Stress für immer an ihrer Seite bleiben würde.
Es war gerade erst einen Tag her, nachdem der letzte Besuch Forks verlassen hatte.
Die Cullens waren endlich wieder vereint. Bella schien jetzt endgültig den richten Platz in ihrer Mitte gefunden zu haben. Sie hatte nun eine eigene Familie und berührte bei dem Gedanken ihren zierlichen Ehering an ihrer kleinen Hand.
Es schien alles perfekt.
Die Wölfe zählten sich als Freunde der Cullens, Charlie wusste das Nötigste und würde wahrscheinlich auch nicht so schnell wieder unangenehme Fragen stellen. Er war ganz einfach zufrieden mit der Situation. Irgendwann einmal würde er versuchen, Reneé von der Sache zu erzählen. Das war das Einzige, was Bella noch bevorstand. Und das konnte unmöglich schlimmer sein, als ein Besuch der Volturi.

„Mammy, Daddy! Ich bin wach und habe schrecklichen Hunger!“ rief eine musikalische Stimme aus dem kleinen Zimmer im ersten Stock.
Bella wurde aus ihren Gedanken gerissen und wollte langsam aufstehen, als Edward sie noch fester in seinen Armen hielt.
„Ich will dich jetzt nicht gehen lassen“, hauchte er ihr ins Ohr und streichelte weiter über ihren nackten Rücken.
„Pah! Das ist gemein. Auf jetzt!“ Sie gab ihm einen schnellen, aber leidenschaftlichen Kuss und löste sich danach widerwillig von ihm. Beide standen auf und zogen sich an.
Edward tänzelte die schmale Treppe herauf als Bella im Bad verschwand.
Mit einem Arm hob er seine kleine Tochter aus ihrem Bett und drückte sie fest an sich. „Guten Morgen mein Schatz. Sollen wir jagen gehen?“ fragte er sie und drückte ihr liebevoll einen Kuss auf die Stirn.
Erfreut klatschte Renesmee in die Hände und legte die kleinen Finger ans Gesicht ihres Vaters. Sofort konnte Edward sehen, wie sehr sie sich darauf freute, mit ihm in den Wald zu laufen und um die Wette zu jagen.
„Ja. Wir schauen, ob Jacob schon da ist. Dann darf er uns gerne begleiten“, beantwortete er kurz darauf ihre ungestellte Frage.

Mit einem Gesichtsausdruck der vollkommenden Glückseligkeit erschien Bella in der Tür und winkte die beiden zu sich.
Mit Bella an der Hand und seiner Tochter auf dem Arm ging Edward gemütlich zum Cullen-Haus auf der anderen Seite des Flusses.
Wie erwartet war Jacob schon da und stritt sich gerade mit Rosalie über Nichtigkeiten.
„Man könnte meinen, ihr beiden habt Streiten zu euren neuen Hobby gemacht“, lachte Bella und setzte sich zu Emmet und Jasper an den großen Esstisch.
„Jacob?“ fragte Edward ruhig und setzte Renesmee dabei behutsam ab, „kommst du mit uns jagen?“
Das brauchte er nicht zweimal zu sagen. Sofort stand Jacob bereit und streckt beiläufig Rosalie frech die Zunge raus. Diese verdrehte genervt die Augen und schaute wieder zum Fernseher.

Es schien ein ganz normaler Tag zu werden. Ohne Kampf, ohne Sorgen und ohne Sonne, wie Alice enttäuscht voraus gesehen hatte.
„Ich werde solange ein wenig spazieren gehen und frische Luft schnappen“, sagte Bella und stand wieder auf.
Sofort ging Edward auf sie zu und legte seine Hände um ihre Taille. Er schaute sie besorgt an.
„Bella, es ist alles gerade erst vorbei. Ich lasse dich ungern alleine gehen.“
Bella lächelte und lehnte sich an seine Brust. „Keine Angst mein Schatz. Ich werde nicht weit weggehen und werde in eurer Nähe bleiben. Es wird schon nichts passieren.“
Edward hielt seinen besorgten Blick, nickte aber kurz und drückte sie an sich.
Renesmee klammerte sich vergnügt an Jacobs Beine und zog ihn zur Tür. Bella und Edward folgten ihnen. Zusammen verließen sie alle das Haus.
„Dann bis später“, sagte Bella, gab ihrer Tochter und ihrem Mann noch einen Kuss, winkte ihrem Lieblingswolf und begab sich in die andere Richtung. Sie spürte Edwards besorgten Blick in ihrem Rücken, ging jedoch weiter ohne sich noch einmal umzudrehen. Sie atmete tief ein und musste schmunzeln bei dem Gedanken, dass sie theoretisch nicht mehr atmen brauchte. Es war ein schönes Gefühl, einfach so die Natur zu genießen.
Eine ganze Weil lang lief sie durch den Wald und konnte schon wenig später das Meereswasser riechen.
Entschlossen änderte sie ihre Richtung und machte sich auf den Weg zum Wasser. Dort angekommen suchte sie sich ein besonders schönes Stück Treibholz und setzte sich darauf. Wie laut es jetzt plötzlich war, obwohl sie sich alleine an diesem Strandabschnitt befand.
Das Rauschen des Meeres, die Wellen, die sich überschlügen, die Möwen, die nervös nach etwas Essbarem suchten, all das hörte sie jetzt viel besser, sah alles viel schärfer.
In diesem Moment ärgerte sie sich, nicht mit dem Spaziergang gewartet zu haben. Wie gern hätte sie diese Atmosphäre mit Edward geteilt.
Aber sie konnte sich schnell trösten und ihre Mundwinkel hoben sich. Dann würde sie mit ihm halt morgen noch einmal hierhin. Oder Übermorgen, oder Überübermorgen… Sie hatten keine Eile und Bella konnte den Begriff „Ewigkeit“ noch immer nicht richtig fassen.
Gerade dachte sie darüber nach, wie lange sie Emmet und Edward noch mit ihren Kräften überlegen war, als sie von weitem ein fröhliches Lachen hörte.
Irgendwie kamen ihr die Stimmen der beiden Frauen bekannt vor, die weiter hinten mit hochgekrempelten Hosen und nackten Füßen am Rande des Wassers entlanggingen. Bella musste nicht lange überlegen. Savannah und Drew waren zwei gute Freundinnen, noch aus der Zeit, in der sie bei Reneé wohnte. Sofort wurde ihr warum ums kalte Herz und sie sprang vom Treibholz auf.

Gerade wollte sie ihnen freudig entgegenlaufen, als sich eine Hand fest auf ihre Schulter legte. Warum hatte sie ihn nicht kommen hören? Natürlich wusste sie trotzdem, wer es war.
„Edward, du schaffst es immer noch, mich zu erschrecken.“
Langsam drehte sie sich zu ihm um.
„Bella, du warst schon so lange weg. Da hab ich mir Sorgen gemacht und bin deinem Geruch gefolgt. Nicht, dass du noch auf die Idee kommst, wieder von irgendwelchen Klippen zu springen“ scherzte er. „Kennst du die beiden?“ fragte Edward, als er zu den beiden jungen Frauen schaute, die sich langsam näherten, ohne die Cullens zu sehen.
„Ja“, antwortete Bella traurig, „Savannah und Drew waren damals meine besten Freundinnen. Ich habe sie sehr vermisst. Ich kann es kaum glauben, sie jetzt hier zu sehen.“
Dann redete sie leise weiter. „Ich würde gerne zu ihnen hin.“
„Bella“, sprach Edward ruhig und gelassen. „Denk daran, dass du nun anders bist. Du musst vorsichtig sein. Bist du dir sicher, dass du das kannst?“
Bella nickte geschlagen aber beherrscht. „Ja. Das kann ich. Gib mir bitte ein paar Minuten.“
Edward drückte fest ihre Hände und zog sich langsam in die ersten Baumreihen zurück.
Bella holte aus Gewohnheit einmal tief Luft und ging auf die beiden Mädels zu. Drew erblickte Bella als erste und hielt Savannah am Arm fest. Beide blieben stehen und sahen Bella ungläubig an.
„Bella?“ flüsterte Savannah zögernd und musterte ihre frühere Freundin unsicher.
Drew stand der Mund offen. Wie sehr sich Bella im vergangenen Jahr verändert hatte. Ohne Zweifel, Sonne bekam sie hier nicht ab, aber das hat ihrer makellosen Schönheit keinen Abbruch getan. Im Gegenteil. Sie sah perfekt aus. Wie aus einem Magazin entsprungen.
„Ja, ich bin es.“ Bella strahlte über beide Ohren und nahm Drew und Savannah zusammen in die Arme.
„Du bist kalt“, bemerkte Drew und musste lachen.
„Ja, in drei Tagen sind wir auch so kalt, wenn wir uns dem Klima hier angepasst haben“, scherzte Savannah und rieb sich fröstelnd die Arme.
‚So schwer ist es gar nicht‘, dachte Bella und musste schmunzeln. 
„Was treibt euch denn nach Forks, ihr beiden?“ fragte sie unbefangen und konnte ihre Freude nicht verbergen.
„Wir mussten einfach mal raus“, begann Drew, „die Schule haben wir nun hinter uns und wollten ein wenig von der Welt sehen. Zugegeben, viel Geld haben wir dafür noch nicht und haben uns deswegen erst einmal für Forks entschieden. Außerdem wollten wir dich unbedingt wiedersehen. Wir dachten, wir könnten hier ein wenig jobben um uns etwas von dem ganzen Stress zu erholen.“
„Jep“, nickte Savannah. „Danach irgendwo studieren. Aber erst einmal wollen wir leben. Ich freue mich so, dich zu sehen! Erzähl! Was gibt es neues? Verliebt? Verlobt? Verheiratet?“
Bella lächelte verschmitzt auf diese Frage und war sich sicher, auch ein leises kichern aus den Bäumen hinter sich gehört zu haben.



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